Samstag, 21. Juli 2012

[Rezension] Fast genial - Benedict Wells


Autor: Benedict Wells
Genre: Erwachsenwerden, Zeitgenössisch, Road Movie, Vatersuche
Ausführung: Hardcover, 336 Seiten
Erscheinungsjahr: 2011
Reihe: -
Preis: 19,90€
ISBN: 978-3257067897
Verlag: Diogenes






Inhalt: Die unglaubliche, aber wahre Geschichte über einen mittellosen Jungen aus dem Trailerpark, der eines Tages erfährt, dass sein ihm unbekannter Vater ein Genie ist, und sich auf die Suche nach ihm macht – das Abenteuer seines Lebens.

"Francis hatte nicht schnell genug in den Westen kommen können, doch jetzt war er insgeheim froh über jede Pause auf dem Weg zu seinem Vater. Was, wenn er ihm nicht genügte, wenn er abgelehnt wurde? Am liebsten wäre er einfach nur sein ganzes Leben lang unterwegs zu ihm gewesen, ohne jemals anzukommen." [Seite 202]
Rezension: Eigentlich hat Francis bereits mit seinem Leben abgeschlossen. Nachdem seine Mutter von ihrem Freund verlassen wurde,  musste die beiden in einen Trailerpark am Stadtrand ziehen und wohnen nun am Rand der Gesellschaft. Doch als seine Mutter wieder einmal wegen ihrer Depressionen in eine Klinik eingewiesen wird und sich anschließen versucht umzubringen, ändert sich Francis Leben. Seine Mutter schreibt ihm einen Abschiedsbrief, indem sie ihm verrät, dass sein Vater keines ihrer vielen One-Night-Stands gewesen ist, sondern er das Resultat eines einzigartigen Projektes sei - der Samenbank der Genies. Plötzlich hat Francis wieder eine Lebensperspektive - er will seinen Vater finden!

Gemeinsam mit seinem besten Freund Grover und seiner Bekannten Anne-May, die er in der Klinik seiner Mutter kennengelernt hat,  macht sich von Francis auf eine Reise durch Amerika um seinen Vater zu finden. Auf ihrer Reise erleben die Drei eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Während Francis von der Idee ein Genie als Vater zu haben begeistert ist und ihn der Gedanke auch ein Genie sein zu können fasziniert, denn nun scheint der mögliche Schulabschluss und das damit verbundene Studium nicht mehr in all zu weiter Ferne zu sein, von dem er dann später eine eigene Familie ernähren könnte, beginnt der schüchterne Grover hinter seiner aufgebauten Fassade hervor zu kommen und über seinen Schatten zu springen. Und auch Anne-May, die sich vor ihrem Klinikaufenthalt versucht hat das Leben zu nehmen, muss sich während der Reise vermehrt  mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen und beginnt sich Francis zu öffnen. 

Alle drei Charaktere sind ein wenig skurril, die mit viel Humor aber auch der nötigen Portion Ernsthaftigkeit mit ihrer Lebenssituation umgehen. Das kenne ich schon aus dem letzten Buch, das ich von Benedict Wells gelesen habe. Das ist ein Teil seines Stils und der gefällt mir gut. Die ganze Geschichte spinnt sich um den Titel und auch wenn ich nach einiger Zeit meinte zu wissen, worauf dieses Buch hinaus will, so hat mich der Weg dort hin überzeugt. Ich will nicht sagen, dass das Buch vorhersehbar ist, nein, es ist auch keines dieser Bücher, das ein Happy-End braucht um den Leser zu befriedigen. Das Ende dieses Buches ist schon sehr besonders und das mag einigen Lesern nicht gefallen. Mir persönlich gefällt es aber, wenn der Leser nach dem Beenden eines Buches noch weiterdenken muss, wie es in diesem Fall ist. Es gibt einfach Bücher, denen ein offenes Ende unheimlich gut steht und Fast genial ist für mich eines dieser Bücher. 
"Mal hatte man Glück, lebte in einem reichen Land oder war mit Gesundheit und Intelligenz gesegnet, mal hatte man Pech und war leider dumm, bekam Krebs oder kam in einem Slum von Afrika auf die Welt und starb, ehe man das Wort "sterben" überhaut buchstabieren lernte. [...] Es war alles willkürlich und wahnsinnig, wieso also nicht gleich nach Las Vegas fahren und dort um Leben und Tod spielen. Da setze man sich der Ungerechtigkeit wenigstens freiwillig aus, im Grunde war das der ehrlichste Ort auf dieser Erde.“ [Seite 317-318]
Fazit: Fast genial von Benedict Wells ist so wie der Titel es sagt, eben fast genial! Wer Bücher mit besonderen Charakteren mag, die sich gemeinsam auf eine Reise begeben und daran wachsen, für den ist dieses Buch genau das Richtige. Es ist aber auch ein Buch über das Schicksal und der Frage, ob eben dieses vererbbar ist oder ob man seinem Schicksal entgehen kann und es schafft seinen eigenen selbstbestimmten Weg zu gehen. Genial zu sein könnte eben so ein Ausweg sein, findet Francis. Aber muss man immer genial sein um seinen eigenen Weg zu finden?


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