Donnerstag, 21. Juni 2012

[Rezension] Leihst du mir deinen Blick? Eine Freundschaft zwischen Jerusalem und Gaza - Valérie Zenatti


Autorin: Valérie Zenatti
Originaltitel: Une bouteille dans la mer de Gaza
Genre: YA, Nahostkonflikt
Ausführung: Taschenbuch, 192 Seiten
Erscheinungsjahr: 2005
Reihe: -
Preis: 6,95€
ISBN: 978-3-423-78223-4
Verlag: dtv




Inhalt: Tal ist 17, sie lebt im jüdischen Teil Jerusalems. Selbstmordanschläge gehören in dieser Stadt zum traurigen Alltag. Und doch ist Tal zutiefst erschüttert, als eine Bombe in einem Café ganz in der Nähe ihres Hauses explodiert. Warum nur findet der Hass zwischen Israel und Palästina kein Ende? Obwohl sie weiß, dass es sinnlos ist, schreibt sie einen langen Brief, über sich, ihre Hoffnungen und Träume - und steckt ihn in eine Flasche. Ihr Bruder, der im Gazastreifen stationiert ist, soll die Flaschenpost dort ins Meer werfen. Nach langem Warten bekommt sie endlich eine E-Mail: vom zwanzigjährigen »Gazaman«, der im Gazastreifen lebt.


"Wir wurden dort geboren, wo die Erde brennt, wo die Jungen sich früh alt fühlen, wo es fast an ein Wunder grenzt, wenn man eines natürlichen Todes stirbt. Ich möchte nur mit aller Kraft daran glaube, wenn er und ich es fertigbrächten, wirklich miteinander zu reden, dies der Beweis dafür wäre, dass unsere beiden Völker nicht dazu verurteilt sind, für immer und ewig in tödlichem Hass zu verharren, ohne Möglichkeit auf Begnadigung vor Ende der lebenslangen Haftstrafe." [Seite 81-82]
Rezension: Warum habe ich dieses Buch nur so lange auf meinem Sub versauern lassen? "Leihst du mir deinen Blick?" ist eine Perle, die bei mir ganz ganze viele Erinnerungen wach gerüttelt hat. Die Geschichte spielt 2003, die 17 Jährige Tal aus Jerusalem möchte nicht mehr so weiter leben wie bisher, in einer von Hass auf die Pälastinenser geprägten Gesellschaft. Sie fasst Mut und beschließt ihrem Bruder, der als Soldat im Gazastreifen stationiert ist, eine Flaschenpost mitzugeben, die er dort ins Meer werfen soll. Tal erhofft sich so, eine Brieffreundschaft mit einem palästinensischen Mädchen in ihrem Alter aufzubauen zu können - doch es kommt ganz anders.

Die Idee des Buches finde ich klasse. Mir sind bisher noch nicht viele Bücher über den Weg gelaufen, die den Nahostkonflikt thematisieren und es schaffen ihn für Jugendliche begreifbar zu machen. In den Medien wird häufig der Eindruck vermittelt, dass es in Israel und Umgebung sehr gefährlich sei und man dieses Land unter keinen Umständen besuchen sollte. Ich selber war vor einigen Jahr dort und kann sagen, dass Israel ein wunderschönes Land mit wundervollen Menschen ist und deshalb jeden Besuch wert ist! 

Die Geschichte wird aus den Perspektiven der Jugendlichen Tal und Naim geschrieben. Geschickt verknüpft werden diese durch die Emails, die sich die beiden schreiben. Aus ihrer Sicht schafft es die Autorin, den Nahostkonflikt für Jugendliche einfach und bildlich zu erklären, ohne dabei einen der beiden Standpunkte der Israelis oder Palästinenser einzunehmen. Besonders gefallen dabei hat mir, dass nichts beschönigt aber auch nichts radikaler dargestellt wird, als es ist. Durch die Emails erhält der Leser einen guten Einblick in die Lebensumständen von Tal und Naim, wir erfahren z.B. das es im Gazastreifen zeitweise keinen Strom gibt, weil die Hamas ihn abstellen lässt oder das jeder junge Israeli, egal ob Junge oder Mädchen mit 18 Jahren zur Armee gehen muss.
„Wenn ich viel nachdenke, steigt eine unglaubliche Wut in mir hoch. Aber trotzdem kann ich nicht aufhören zu denken. Mein Kopf ist der einzige Ort, zu dem niemand Zutritt hat; kein Soldat der Israelischen Armee, kein Typ von der Hamas, weder mein Vater noch meine Mutter. Mein Kopf ist mein Zuhause, mein eigenes Zuhause, viel zu klein für alles, was ich dort unterzubringen habe, deshalb habe ich auch angefangen zu schreiben, … “ [Seite 45-46]
Auch wenn das Buch nur knapp 200 Seiten lang ist und es für mich noch viel länger hätte sein können, ist zwischen den Seiten alles verpackt, um eine gute Geschichte entstehen zu lassen. Eine Geschichte von zwei Jugendlichen, die die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben und für ihre Freiheit und Träume kämpfen wollen. 

Fazit: Lest dieses Buch, wenn ihr euch für das Leben Jugendlicher zur Zeiten des Nahostkonfliktes in Israel und im Gazastreifen interessiert oder ihr einfach mehr zu diesem Thema erfahren wollt. Die Autorin selbst ist mit 13 Jahren nach Israel gezogen und hat dort auch ihren Militärdienst abgeleistet. Für mich ist dieses Buch eine kleine Perle, das mich zum Nachdenken angeregt hat und vor Augen führt, wohin Hass führen kann. 


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